Die fünf Sinne des Menschen / von Julius Bernstein.

  • Bernstein, Julius, 1839-1917.
Date:
1875
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Credit: Die fünf Sinne des Menschen / von Julius Bernstein. Source: Wellcome Collection.

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    weit weniger ausgebildeten Ortssinn besitzt. Es würde uns z. B. sehr schwer werden, nur mit Hülfe des Armes bei geschlossenen Augen die Gestalt eines noch so ein- fachen Körpers zu bestimmen, mit der Fussfläche würde uns dies schon leichter gelingen, während wir mit der Hand sehr schnell zum Ziele kommen. Es erscheint äusserst natürlich, dass die der Bewegung am meisten fähigen Glieder auch das feinste Tastgefühl haben, und man kann wohl mit Recht sagen, dass es sich hier höchst wahrscheinlich durch Uebung entwickelt und durch Vererbung weiter übertragen hat. Bei den Affen deren Fuss der Hand gleich zum Greifen eingerichtet ist, wird das Tastgefühl in beiden Gliedmassen ziem- lich gleich ausgebildet sein, weil beide in gleicher Weise im Tasten geübt werden. Beim Menschen, dessen Fuss zu einem Gehwerkzeug umgestaltet ist, tritt das Tast- vermögen in diesem Gliede weit hinter dem der Hand zurück; aber interessant ist es zu beobachten, dass ge- legentlich bei Menschen, denen die Arme fehlen, das Tastgefühl in den Füssen in hohem Masse durch Uebung ausgebildet werden kann, sodass sie bei gleichzeitig zunehmender Beweglichkeit damit zu schreiben und mancherlei Händewerk zu verrichten im Stande sind. Durch eine sehr sinnreiche Methode ist die Feinheit des Tastsinnes oder genauer des Ortssinnes an verschie- denen Stellen der Haut von Ernst Heinrich Weber einer Messung unterworfen worden. Dieselbe beruht auf folgendem höchst interessanten Experiment, das jeder mit grösster Leichtigkeit nachmachen kann. Es gehören zu diesem Versuche zwei Personen, von denen die eine das Tastgefühl der andern prüft. Man nimmt zu diesem Zwecke einen Zirkel und setzt die beiden etwas abgestumpften Spitzen in einem gewissen Ab- stände voneinander auf eine Hautstelle der andern Person auf. Diese muss nun mit geschlossenen Augen angeben, ob sie die Berührung zweier getrennter Spitzen fühlt, oder ob beide Spitzen in eine zu verschmelzen scheinen.