Leitfaden der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie für Praktiker und Studierende / von Toby Cohn.

  • Cohn, Toby, 1866-1929.
Date:
1912
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Credit: Leitfaden der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie für Praktiker und Studierende / von Toby Cohn. Source: Wellcome Collection.

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    dieser beiden Stromrichtungen wurde geprüft: wie wirken Schließungen (S) lind wie wirken Öffnungen (0) des Stromes? — Und da sich weiter fand, daß je nach der Strouvstärke die Wirkung des Stromes verschieden ist, wurden alle die erwähnten Untersuchungen bei drei (»raden von Stromstärken vorgenominen: Stromstärke L (schwache), Stromstärke 11 (mittelstarke) und Stromstärke 111 (starke Ströme). — Pflüger legte also bei seinen Unter- suchungen auf folgende drei Faktoren Wert: 1. auf die Stromrichtuug, 2. auf die Art der Stromschwankung (Schließung oder Öffnung), 3. auf die Stromstärke. In Formeln und Worten ausgedrückt, wobei immer -j- = ,,Zuckung*‘, 0 == „keine Zuckung'“ bedeutet, lautet nun das von Pflüger auf Orund seiner Experimente gefundene Gesetz: bei schwachen Strömen tritt sowohl bei ab- als aufsteigender Stromrichtung nur bei Schließung eine Zuckung ein. bei mittelstarken Strömen tritt sowohl bei ab- als auf- steigender Stromrichtung bei Schließung und bei Öffnung eine Zuckung ein. bei starken Strömen tritt bei absteigender Stromrichtung nur bei Schließung*), bei aulsteigender nur bei Öffnung eine Zuckung ein. Die Erklärung für diese Befunde ergab sich nach späteren Unter- suchungen, die bis in die neuste Zeit hineinreichen, in folgender \\'eise: 1. Während ein galvanischer Strom einen Nerven durchfließt, tritt eine innere Zustandsveränderung des Nerven ein. Nach Bethes ausgezeichneten Forschungen, denen sich die folgende Darstellung anschließt, handelt es sich dabei wahrscheinlich um chemisch-physikalische, in erster lieilie aber chemische, Vorgänge: das leitende Element in jedem lebenden Nerven ist nach ihm eine an die feinsten Bestandteile des Nerven, die Neurofibrillen des Achsenzylinders, chemisch gebundene Substanz, die Fibrillen säure. Diese im ruhenden Nerven gleichmäßig verteilte Säure löst während der galvanischen Durch- strömung des Nerven infolge chemischer Affinitäten ihre V'erbindung mit den Fibrillen in der Weise, daß sie von der Anode fort- und zur Kathode hin- wandert. Mit ihr aber wandert gleichsam, da sie der Träger der Nerven- erregbarkeit ist, auch die Erregbarkeit des Nerven derart, daß sich am durchslrömten Nerven in der Umgebung der Ka ein Zustand erhöhter, in der Nähe der An ein Zustand herabgesetzter Erregbarkeit einstellt. Man nennt diese Veränderung der Erregbarkeit, die übrigens schon seit IMliigers Untersuchungen bekannt ist, E lektroto n ns. und zwar die erhöhte Erreg- barkeit an der Ka Katelektrotonus, die herabgesetzte an der An An- elektrotonus, — Je stärker der ein wirkende Strom ist, um so stärker werden die chemischen Affinitäts- und dementsprechend auch die Erregbarkeits- differenzen. Sie dauern die ganze Zeit an, während welcher der Nerv vom Strom durchflossen wird. 2. Das Einsetzen der Strömung der Fibrillensäure im Momente der Stromschließung und das damit verbundene plötzliche Auftreten des Katelektrotonus wirkt an der Stelle, an der es entsteht, also an der Ka, als Kontraktionsreiz auf den Nerven resp. auf den zugehörigen 3Iuskel. Daher tritt bei jeder Stromschließung bei ab- und anfsteigenden Strömen aller Stromstärken (die Ausnahme für aufsteigende Ströme der Stärke Jll wird bald erklärt werden) eine Zuckung ein. 3. Bei jeder SlromöfiFnung findet vor der Rückkehr zum Ruhezustände ein momentanes Zurückströmen der Fibrillensäure zur Anode und damit eine plötzliche Umkehr der elektrotonischen (Erregbarkeits-) Verhältnisse — ne- gative Modifikation — im Nerven statt, d. h. es verschwindet bei jeder A y I T H—i“ 0. 0 0 ir. s. -+- -f 0. -I- -f 111 ^ 0 -f Der Elektrotomis. *) Mitunter, aber in sehr geringer Stärke, auch bei Öffnung.