Die Ohrenheilkunde in den Jahren 1851-1855 : ein Nachtrag zu der Erkenntniss und Heilung der Ohrenkrankheiten / von Wilhelm Kramer.

  • Kramer, Wilhelm, 1801-1875.
Date:
1856
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Ohrenheilkunde in den Jahren 1851-1855 : ein Nachtrag zu der Erkenntniss und Heilung der Ohrenkrankheiten / von Wilhelm Kramer. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    129/144 (page 123)
    ten Ohres erkannt haben will, veranlasst und durch kritische Absonderung von Schleim auf der Schleim- haut gehoben, geheilt worden! Dieser Erklärungsversuch entbehrt jeder, auch nur im Entferntesten dafür sprechenden Analogie. Wie soll eine fieberlosc, ganz unschmerzhafte, ka- tarrhalische Reizung einer so beschränkten Schleim- hautfläche als die der Trommelhöhle, bei einem sonst gesunden jungen Mädchen allgemeine Konvulsionen erregen? Es ist dies um so weniger glaublich, da ich mindestens 500 Fälle von katarrhalischer Reizung der Schleimhaut beider Trommelhöhlen bei beiden Geschlechtern, in jedem Lebensalter und bei oft sehr zarten Konstitutionen beobachtet und durch den Ka- theterismus geheilt habe, in deren verschiedenen Ent- wickelungsstadien niemals das entfernteste Mitleiden des Nervensystems bemerkbar gewesen ist. Hiernach scheint es mir am natürlichsten, die „Konvulsionen“ und die „Lähmung des rechten Hörnerven“ als von der jungen Pariserin simulirt. zu betrachten, wenn es mir auch nicht möglich ist, die Motive zu einer solchen Komödie nachzuweisen. Gewiss muss man bei Frauenzimmern, namentlich der gebildeten Stände, wenn sie an Nervenbeschwerden zu leiden vorgeben, lieber auf seiner Huth und des alten Ausspruches: mulieri, et ne mortuae quidem credenduni esl, einge- denk sein, als Behufs der Erklärung fabelhafter That- sachen zu ganz erfahrungswidrigen Hypothesen seine Zuflucht zu nehmen. Nach solchen „Erfahrungen“ ist es wahrhaft er- quicklich der reinen ungeschminkten Erfahrung, und ihren, wenn auch ganz unerwarteten Resultaten wie- der einmal zu begegnen. Im Hertforder Asylum (s. Boston medical Journal. 1851. July.) versammelten sich nämlich 200 Taub- stumme zu einem Feste. Von diesen waren 103 verheirathet, und unter diesen wieder 40 Ehepaare beiderseits taubstumm, während hei 23 andern Ehen der Eine Theil hören und sprechen konnte. 31 die- ser Eheleute waren kinderlos, während die übrigen