Innere Sekretion : ihre physiologischen Grundlagen und ihre Bedeutung für die Pathologie / von Artur Biedl.

Biedl, Artur, 1869-1933.

Date:: 1910

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Credit: Innere Sekretion : ihre physiologischen Grundlagen und ihre Bedeutung für die Pathologie / von Artur Biedl. Source: Wellcome Collection.

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erfolgt durch chemische Reizstoffe. Die von der Peripherie anlangenden nervösen Erregungen können die Atmung wohl modifizieren, für ihre Re¬ gulation reichen sie nicht hin. Es sind vielmehr die während und durch die Gewebstätigkeit entstandenen Schlacken, nach der gut fundierten Hypo¬ these von Miescher, die als Endprodukt der Oxydationsprozesse entwickelte Kohlensäure (C02), welche die sogenannte automatische Reizung des Atem¬ zentrums besorgt. Der wechselnde Gehalt des Blutes an C02 bewirkt eine den jeweiligen Anforderungen des Organismus angepaßte Änderung in der Atmung und in der Zufuhr von Sauerstoff. Steigt die C02-Spannung im Blute, dann wird durch Auslösung beschleunigter und vertiefter Atmungen das gesteigerte Bedürfnis der Gewebe nach Sauerstoff befriedigt. Es ist wohl möglich, daß bei übermäßiger Gewebstätigkeit, insbesondere bei an¬ gestrengter Muskelarbeit, noch andere im Muskel gebildete saure Produkte der unvollkommenen Verbrennung, wie die Milchsäure (Geppert und Zuntz), den Atemmechanismus beeinflussen, für die normale Atmung ist das all¬ gemeine Protoplasmaprodukt, die Kohlensäure, das dissimilatorisch wirksame Hormon. Es sei noch darauf hingewiesen, daß von mancher Seite nicht die Anhäufung der Kohlensäure, sondern der Mangel an Sauer¬ stoff oder auch ein Zusammenwirken beider Faktoren als bestimmend für die Regelung der normalen Atmung angesehen wird. Das herangezogene Beispiel — es ist nicht das einzige, doch eines der beststudierten — zeigt zur Evidenz, daß Stoffwechselendprodukte bei der Durchführung chemischer Korrelationen eine wichtige Rolle spielen können. Der Gedanke von Starling, daß manche Nebenprodukte der Organ¬ tätigkeit erst dadurch zu Hormonen geworden sind, daß gewisse Apparate eine spezifische Empfindlichkeit für diese Substanzen erlangt haben, er¬ scheint sehr plausibel. Unsere Kenntnisse über den Chemismus bei der Bildung der Hormone sind noch äußerst spärliche. Nur soviel kann mit Sicherheit behauptet werden, daß Stoffe der verschiedensten Abstammung und der verschiedensten chemi¬ schen Struktur als Reizsubstanzen wirksam sein können. Innere Sekrete können durch komplizierte synthetische Prozesse entstehen, wie das Jodothyrin in der Schilddrüse, sie können einen komplizierten Bau aufweisen, wie das Adrenalin, ein Methylaminoalkohol des Brenzkatechins, sie können aber ebensogut ein¬ fache Abbauprodukte sein, wie die Kohlensäure oder die Milchsäure. Das einzige allgemein gültige Merkmal der Hormone ist heute nur ein negatives. Sie gehören sicher nicht in jene Reihe von Sub¬ stanzen, welche man als Antigene bezeichnet und welche nach Ehrliche Auffassung eine zur Verankerung mit dem Protoplasma dienende, haptophore und eine oder mehrere die spezifischen Wirkungen bedingenden Seitenketten besitzen. Die Hormone haben mit den Antigenen die Wir¬ kungen in minimen Mengen gemein, doch unterscheiden sie sich wesentlich durch das Fehlen der Inkubationszeit und vor allem dadurch, daß sie nie¬ mals zur Antikörperbildung Veranlassung geben. Die letzteren negativen Eigenschaften der Hormone werden verständlich, wenn wir ihre physiolo¬ gische Funktion ins Auge fassen. Die möglichst rasche Vermittlung von Anpassungen und die öftere Wiederholung derselben Leistung sind Auf¬ gaben, die mit Stoffen von Antigencharakter nicht vollführt werden können. Es ist die Aufgabe der weiteren Forschung, eine nähere Charakteri¬ sierung der einzelnen Hormone zu liefern und dann zu entscheiden, ob